Teilprojektbeschreibung
Professur Werkstoffwissenschaft (LWW)
TP 2
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Thermomechanische Charakterisierung und mikrostrukturelle Analyse der Wechselwirkung von Scherbändern mit Elementen der Mikrostruktur
Adiabatische Scherbandbildung tritt als Verformungsprozess in metallischen Werkstoffen insbesondere bei hohen Verformungsgeschwindigkeiten auf. Die Scherbandbildung ist dabei geprägt durch Energiedissipation bei der plastischen Verformung, einem dadurch erzeugten lokalen Temperaturanstieg, einer daraus resultierenden lokalen Entfestigung und damit schließlich einer im Zeitverlauf immer stärker ausgeprägten Lokalisierung der weiteren Verformung. Ein tiefgründiges Verständnis der Scherbandbildung ist werkstoffwissenschaftlich interessant, experimentell herausfordernd und auch aus technologischer Sicht, insbesondere im Kontext des Hochgeschwindigkeitsscherschneidens (HGSS), besonders relevant. Ein zentrales Ziel des Teilprojektes 2 ist es, in niedriglegierten Stählen sowie einer naturharten Aluminiumlegierung den Einfluss unterschiedlicher Ausgangsmikrostrukturen auf die Bildung und das Wachstum verschiedener Arten von Scherbändern zu erforschen. Unter Anderem werden dafür gezielt gestoppte, hochdynamische Versuche eingesetzt, um verschiedene Stadien der Scherbandbildung und ausbreitung zu dokumentieren und die Scherbänder anschließend systematisch mikrostrukturell zu charakterisieren. Abbildung 1 zeigt als Beispiel lichtmikroskopische Aufnahmen an Querschliffen von unterschiedlich weit gestauchten Druck-Scher-Proben. In diesen Proben werden Scherbänder bevorzugt am Rand der Stirnflächen gebildet und wachsen in Richtung der Schubspannungen, die von der primären Druckbelastung überlagert werden, diagonal durch die Probe.
Abbildung 1. Vorarbeiten zu gestoppten Versuchen bei der Verformung zylindrischer Druck-Scher-Proben aus einer Titanlegierung. In den lichtmikroskopischen Aufnahmen sind die verschiedenen Stadien von Scherbandbildung und -wachstum bis zum Versagen der Probe erkennbar.
Im Teilprojekt 2 werden Kriterien zur Bewertung der Scherneigung der untersuchten Werkstoffe beim HGSS unter besonderer Berücksichtigung von Dehnratensensitivität, Festigkeit und Wärmeleitfähigkeit entwickelt. Insbesondere sollen Zusammenhänge zwischen den Ausgangsmikrostrukturen und den daraus resultierenden Scherbandeigenschaften verstanden werden. Im Vordergrund stehen neben der makroskopischen Untersuchung des mechanischen Verhaltens auch die mikrostrukturelle und mikromechanische Charakterisierung der Scherbänder mit einem zusätzlichen Fokus auf dem Einfluss verschiedener Spannungszustände. Abbildung 2 zeigt beispielhaft, dass mikrostrukturelle Untersuchungen (insbesondere im Rasterelektronenmikroskop, REM, mit Hilfe von electron back-scatter diffraction, EBSD) die Analyse von mikrostrukturellen Veränderungen bei der adiabatischen Scherbandbildung in Stahlwerkstoffen ermöglichen. So sind die neben dem eigentlichen adiabatischen Scherband liegenden, stark verformten Übergangsbereiche zu erkennen, deren Mikrostruktur letztlich die Eigenschaften der in der Forschungsgruppe erforschten Funktionsflächen bestimmen
Abbildung 2. Vorarbeiten an einem Stahl C75 mit martensitisch-bainitischem Gefüge. Die Ergebnisse von EBSD-Messungen im REM (Orientierungsinformationen und Image Quality als qualitatives Maß für lokale Verzerrungen) ermöglichen einen Vergleich des unverformten Grundmaterials (oben) und der stark verformten Zone in unmittelbarer Nähe des Scherbands (unten).
Vernetzungsschaubild von TP2 mit den wichtigsten Proben- und Datenaustauschpfaden